30 Mrz

Statement AStA TU zu #unizu #nichtnuronline und Co

Im Zuge der letzten Lockerungen forderten Initiativen wie #nichtnuronline eine rasche (Teil-)Öffnung der Universitäten. Auch wir wurden von Einzelpersonen und Initiativen kontaktiert und aufgefordert, uns diesen und ähnlichen Forderungen anzuschließen. Wir können die Forderungen mancher Initiativen, die sich nun aus der Studierendenschaft organisiert haben, allerdings nicht ohne Weiteres mittragen.

Grundlegende Nöte und Sorgen von Studierenden

Auch wir leiden unter der geschlossenen Hochschule und der allgemeinen Ratlosigkeit im Umgang mit der Pandemie. Wir haben daher Verständnis für die Wünsche und Nöte, die Studierende aufgrund der aktuellen Situation bewegen und versuchen euch so weit es geht zu unterstützen. 
Studierende sind nun mehr ein Jahr im Lockdown. Viele Erstsemester haben ihre Uni noch nie von innen gesehen. Wir haben ein hohes Maß an Flexibilität, das von uns bei Umstellung auf alternative Formate erwartet wurde, erbracht. Die allermeisten von uns haben sich aus Solidarität und Rücksichtsnahme isoliert und das in einem Abschnitt des Lebens, in dem nicht selten die spannendsten Begegnungen stattfinden. 


Unzureichende Lösungsansätze

Gleichzeitig wird auf politischer Ebene vielfach nicht kommuniziert, wie und ob Entscheidungsträger:innen daran arbeiten, diese Isolation leichter zu gestalten. Im Fokus der Problemlösung bei Universitäten und Hochschulen stehen die Bereitstellung des Lernstoffs und die Abprüfung am Ende des Semesters, kurz: der Erhalt der Leistungen. Die Hochschule ist jedoch ein Raum, in dem sich Menschen vernetzen, soziale Kontakte pflegen oder sich politisch organisieren; ein Raum, den Studierende seit Jahren erkämpfen und damit Studieren zu mehr als bloßem Lernen machen. Dies wird komplett außer Acht gelassen: Es fehlen Anstrengungen und damit die Strukturen und Räume um das Universitätsleben zu erhalten. Das frustriert auch uns und wir sind ratlos, wie es wohl weitergehen soll. Dabei wäre nicht zuletzt die TU Berlin Dank ihres Know-Hows in der Lage Testprojekte zu fahren, die die Rahmenbedingungen für eine Teilöffnung des Sozial- und Lernraums Uni auslotet. Dies beweist sie aktuell in der Studie zur Aerosolausbreitung in ÖPNV-Fahrzeugen. 
Darum können wir den Frust der Studierenden, die eine Öffnung verlangen, natürlich verstehen. Wir sind aber überzeugt, dass eine Forderung nach Öffnung momentan kontraproduktiv ist. Nicht weil wir solidarisch mit einer Politik sein wollen, die ein undurchsichtiges Impfkonzept präsentiert, oder weil wir eine Wirtschaftsform schützen wollen, die es nicht schafft, ausreichend Impfstoffe zu produzieren und die sich gegen jeden Eingriff in ihr Geschäftsmodell erfolgreich wehrt. Sondern weil wir eine Öffnung aufgrund dieser Rahmenbedingungen für unverantwortlich halten. 


Strategie und Vorgaben von Seiten der Politik

Wir sehen die (Bundes-)politik in der Verantwortung, sich Strategien und Regelungen für einen sicheren Lehrbetrieb in den nächsten Semestern zu überlegen, die die Hochschulen zur Umsetzung verpflichten. Es ist sinnvoll, frühzeitig den sichersten Weg einzuschlagen und einen rechtlichen Rahmen zu kommunizieren, der die zulässigen Leistungsanforderungen festlegt und den Leistungsdruck senkt. Statt Sorgen und Ängste mit sozialen Strategien aufzufangen, wird auf Bundesebene alles für den Erhalt der Leistung und Wirtschaft getan, ohne Rücksicht auf die Menschen, die sie erbringen und tragen.  Eine Strategie des Abwartens und Beobachtens ermüdet und führt zu Verunsicherung, da es nicht den Eindruck erweckt, dass lösungsorientiert und vorausschauend an den prognostizierten und offensichtlichen Problemen der Pandemie gearbeitet wird. 

Auf Landesebene konnten Studierendenvertretungen seit Beginn der Pandemie erste Erfolge erzielen. Es konnten in den Krisenstäben und in Gesprächen mit der Politik erste Lösungen für Studierende gefunden werden. So wurden  Forderungen nach einer verbindlichen Regelung für Online-Prüfungen bereits in ersten Ansätzen in einen Rechtsrahmen gegossen [1], erste Zusagen für die Planung des Sommersemesters gemacht [2] und die fehlenden psychologischen Beratungen durch Erhöhung der Subvention des Landes für das StuWerk Berlin ergänzt. Darüber hinaus arbeiten wir als Studierendenvertretungen ständig an Möglichkeiten euch, als Studierende, in dieser Notsituation aufzufangen und passen die Informationen auf unserer Website stets an, damit ihr euch auch außerhalb der Beratungszeiten stets informieren könnt [3]. 


Verantwortungsnahme Seitens der Hochschule

Wir sehen die Hochschulen in der Verantwortung, klare Strategien für das nächste Onlinesemester einzuführen, die verbindlich sind und auf die Sorgen und Ängste aller Mitglieder der Hochschulen Rücksicht nimmt. Die Hochschule kann auch Studierenden Möglichkeiten und Zugänge zu Räumen und Ressourcen verschaffen, die es ermöglichen, sich über den Vorlesungszeiten hinaus zu vernetzen. Der Kontakt zu Kommiliton:innen, der sowohl den Austausch von Lerninhalten als auch eine soziale Gemeinschaft ermöglichen, die das Studium maßgeblich mittragen, darf nicht mit dem Auflegen des Zoom-Calls enden. Des weiteren fordern wir die Hochschulen auf, ihre Lehrenden über ihre Strategien zu unterrichten und bei Missachtung der Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens durch Lehrende Konsequent zu ahnden.

 
Selbstverantwortung durch die Studierenden

Wir möchten hervorheben, dass wir auch die Selbstverantwortung  der Studierenden in der Mitgestaltung ihrer Hochschule sehen. Es ist einfach, sich in den Präsenzzeiten auf die Strukturen zu verlassen, die durch teilweise jahrzehntelange Studierendenkämpfe auf dem Campus erstritten wurden. Studentische Räume, Zugänge, Ressourcen und Mitbestimmung sind uns nicht gegeben worden, sie wurden eingefordert.  Der digitale Hochschulraum muss erst noch erstritten werden, darum solidarisiert euch miteinander und überlegt euch Strategien, wie ihr euch gegenseitig unterstützen und vernetzen könnt. Wenn wir nicht nach dem Seminar auf den Gängen reden können, dann schafft euch „Gänge“: ob digital oder verantwortungsvoll face-2-face. Fordert eure Dozierenden auf, euch darin zu unterstützen und beispielsweise virtuelle Seminar-Räume länger offen zu lassen, damit ihr euch vernetzen und austauschen könnt. Fordert eure Hochschulen auf, euch angemessene Online-Tools zur Verfügung zu stellen, die autonom genutzt werden können und nicht nur den passiven Konsum von Lerninhalten sicherstellen. Einige Fachbereichsinitiativen leisten dabei schon tolle Arbeit und stellen viel an digitaler Infrastruktur zur Verfügung[4]. Informiert euch über eure Rechte zu Prüfungs- und Leistungformaten sowie Anforderungen. Informiert uns und eure Fachbereichsinitiativen über Fehlverhalten, Diskriminierung und strukturelle Hürden. Haltet euch im Allgemeinen auf dem Laufenden.

Studierende aller Unis, organisiert euch, informiert euch und bleibt solidarisch!


[1] Kleine BerlHG-Novelle: Paragraf 126a
[2] Informationen vom Senator für Wissenschaft und Forschung zum  Sommersemester 2021
[3] Überblick über Ressourcen und wichtigen Links für Studierende bereitsgestellt durch unsere Beratungen
[4] Falls ihr eure Fachschaftsinitative noch nicht kennt, hier ist ein Link mit einem Überblick über Fachbereichsinitiativen und andere studentische Gruppen