01 Jul

Gemeinsame Pressemitteilung: Aussetzung der Regelstudienzeit

Aussetzung der Regelstudienzeit für das digitale Sommersemester 2020!
Aufruf an die Berliner Studierenden in diesem Semester keinen Leistungsnachweis oder einen „Antrag auf Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus“ abzugeben!

Wir fordern den Berliner Senat auf, endlich eine klare und einheitliche Lösung für alle Berliner Studierenden zu erlassen. Das digitale Sommersemester 2020 darf nicht als Regelstudienzeit gezählt werden!

Die bisherigen Pressemitteilungen der Berliner Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Umgang des Studierendenwerks Berlin haben bisher keine klare Regelung geschaffen. In einer Veröffentlichung des Berliner Senats heißt es zwar eindeutig „das Sommersemester wird nicht auf die Fachstudienzeit angerechnet“, eine damit einhergehende Umsetzung erfolgt aber nicht. [1] Das zeigt, wie dringend eine klare gesetzliche Regelung ist.

Die Studierenden haben sich nicht freiwillig für ein Digitalsemester mit den entsprechenden Voraussetzungen entschieden, die Universitäten ebenfalls nicht. Die Voraussetzungen sind gänzlich andere als im Regelbetrieb, verbunden mit diversen Nachteilen und Problemen in der Umsetzung. Aufgrund der durch die Pandemie bedingten Schließungen der Hochschulen, der Schließung aller Bibliotheken als Lernorte und der Verschiebung oder dem Ausfall von zahlreichen Prüfungen gibt es zudem einen großen Nachholbedarf bei allen Studierenden. Verschärft wird die Lage zudem durch eine unsichere wirtschaftliche Entwicklung und grundlegende Existenzängste.

Die so oft postulierte Chancengleichheit im Studium, ist dadurch im Digitalsemester nicht einmal ansatzweise gegeben!

Wir fordern daher die Aussetzung der Regelstudienzeit im Digitalsemester. Das muss u.a. die folgenden Punkte beinhalten:

  • Eine automatische Verlängerung des BAföG um die Zeit des Digitalsemesters
  • Die Aussetzung des Leistungsnachweises nach dem vierten Fachsemester beim BAföG, bis zur Rückkehr zum normalen Studienalltag
  • Eine einheitliche Regelung und dementsprechend Nachweise für Krankenkassen, Wohngeld, ALG II, Stipendien, Arbeitgeber*innen etc.
  • Die automatische Verlängerung der studentischen Visa für ausländische Studierende (§ 16 AufenthG) um die Dauer des Digitalsemesters
  • Einen Freiversuch für Prüfungen im Digitalsemester, welcher nicht als Prüfungsversuch gezählt wird [2]

Wir als Interessenvertretung der Studierenden rufen zudem alle Studierenden dazu auf, keinen Leistungsnachweis und keinen Antrag für „eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus“ beim Studierendenwerk Berlin abzugeben bzw. zu stellen! [3]

Wir haben dazu auf unseren Websites ein formloses Schreiben veröffentlicht, welches dem BAföG-Antrag in diesem Semester beigelegt werden kann, in dem auf die o.g. Gründe hingewiesen wird, sowie darauf dass dieses Semester nach Aussagen der Universitäten und des Berliner Senats kein reguläres Fachsemester ist. Auch wenn ihr aktuell weder den Leistungsnachweis erbringen noch die Regelstudienzeit verlängern müsst, zeigt euch solidarisch und beantragt beim BAföG-Amt mittels unseres formlosen Schreibens, dass das aktuelle Semester nicht als Fachsemester gezählt wird!

Um den Studierenden endlich die nötige Rechtssicherheit zu geben, muss der Berliner Senat sofort handeln und eine ähnliche Regelung erlassen, wie es zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen geschehen ist und mittlerweile auch in anderen Bundesländern angewendet wird.[4]

Außerdem müssen auch dem Studierendenwerk klare Vorgaben gemacht werden, wie diese Regelung bezogen auf das BAföG und andere Sozialleistungen anzuwenden ist. Die derzeitige Situation ist nicht hinnehmbar und eine Zumutung.

Für ein Wörtlichnehmen der Solidarität und eine Gesellschaft in eben diesem Sinne:

Aussetzung der Regelstudienzeit jetzt!

Eure
Studierenden Vertretungen,

AStA Technische Universität Berlin
RefRat Humboldt-Universität zu Berlin
AStA Beuth Hochschule für Technik Berlin
AStA Weißensee Kunsthochschule Berlin
AStA Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
AStA Evangelische Hochschule Berlin





[1] Kein Fachsemester:
In der Pressemitteilung vom 03.04.20 der Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung heißt es „Das Sommersemester wird nicht auf die Fachstudienzeit angerechnet“. Auch in einem Rundschreiben der Senatskanzlei an alle Berliner Universitäten und Hochschulen vom 16.04.20 steht, „die Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung hat gemeinsam mit der LKRP verabredet, dass das Sommersemester 2020 nicht auf die Fachstudienzeit angerechnet werden soll“.

[2] Freiversuch:
Im Sinne der Pressemitteilung der Senatskanzlei heißt es auch schon: „So können Studierende etwa Prüfungs- und Lehrangebote nach individueller Möglichkeit annehmen und Leistungspunkte erbringen“ https://www.berlin.de/sen/wissenschaft/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.916050.php)

[3] Rechtlicher Rahmen:
Sowohl nach dem BAföG-Gesetz als auch der beigeordneten Verwaltungsvorschrift nach §48 Abs. 1., muss erst nach Erfüllung des vierten Fachsemesters der Leistungsnachweis erbracht werden. Da das gegenwärtige Digitalsemester kein Fachsemester ist (s.o.), muss also – unserer Auffassung nach – der Leistungsnachweis nicht erbracht werden. Ähnliches gilt auch bezüglich einer Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus. Eine Bafögförderung findet nur – siehe BAföG-Gesetz und Verwaltungsvorschrift §15a – innerhalb der Regelstudienzeit statt oder darüber hinaus bei Nennung gesetzlich anerkannter Gründe. Auch das ist durch die Formulierung, dass das gegenwärtige Semester kein reguläres Fachsemester ist, nicht gegeben. Daraus folgt, es muss kein Antrag auf Förderung über die Förderungshöchstdauer gestellt werden.

[4] Andere Bundesländer: https://www.fzs.de/2020/06/28/regelstudienzeit-wird-fur-studierende-im-sommersemester-2020-um-ein-semester-erhoht/