03 Mai

Antisemit*innen raus aus unseren Strukturen! Zur Problematik der Plattform „Klasse gegen Klasse“

„Klasse gegen Klasse“ (KgK) ist eine sich als „revolutionär“ und trotzkistisch verstehende Onlineplattform, auf der fast täglich neue Texte zu unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Themen veröffentlicht werden. KgK ist ebenfalls stark in den sozialen Medien aktiv und eine vermutlich nicht unrelevante Anzahl von Menschen lesen und teilen ihre Beiträge. Wir sehen in Beiträgen von KgK immer wieder massiven Antisemitismus und möchten mit diesem Beitrag darauf hinweisen. Immer wieder taucht ein insbesondere radikaler israelbezogener Antisemitismus auf, welcher soweit geht, dass zur Vernichtung des jüdischen Staates und wichtigem Schutzraum für Juden*Jüdinnen [1] aufgerufen wird.

„Klasse gegen Klasse“ ist nicht nur eine Plattform auf der Texte veröffentlicht werden, sondern ist auch in unterschiedlichen Gruppen, Arbeitskämpfen und hochschulpolitischen Kontexten aktiv. Wir finden es deshalb besonders wichtig, als AStA auf den Antisemitismus bei KgK hinzuweisen. Weil wir uns vehement gegen jeden Antisemitismus in unseren Strukturen positionieren und alle Studierenden, Hochschulen und Hochschulgruppen dazu aufrufen, dies ebenfalls zu tun!

Warum wir es ebenfalls wichtig finden, auf die Problematiken bei KgK hinzuweisen ist, dass KgK oft sehr intransparent auftritt. Dies konnten wir in unterschiedlichen (hochschul-)politischen Kontexten feststellen. Als Beispiel wollen wir auf die Freie Universität Berlin (FU) eingehen. So trat KgK an der FU unter unterschiedlichen Namen bei Wahlen des StuPa an. Zunächst 2017 unter dem Namen „Gegen Rassismus, Sexismus und Prekarisierung“, dann von 2018 bis 2020 mit „organize:strike“ und erst aktuell unter dem Namen „Klasse gegen Klasse“. Hierbei ist ebenfalls erwähnenswert, auch wenn nicht verwunderlich, dass KgK sich in keinerlei Hinsicht gegen Antisemitismus positioniert oder diesen überhaupt nur erwähnt. Die Intransparenz, sich nicht als zugehörig zu „Klasse gegen Klasse“ zu präsentieren, fällt immer wieder auf. 

Wie drastisch sich der Antisemitismus von KgK äußert, zeigte sich beispielsweise in Texten von 2012 und 2017. Ein KgK-Redakteur schreibt 2017: „Wir lehnen die Zwei-Staaten-Lösung ab, weil sie darauf abzielt, die Unterdrückten mit den Unterdrückenden zu versöhnen. […] Die einzige wahre und mögliche Lösung, die ein friedliches und geschwisterliches Zusammenleben von Palästinenser*innen und Juden und Jüdinnen ermöglicht, besteht darin, den zionistischen und proimperialistischen Staat Israels auf der Grundlage eines gemeinsamen Kampfes bis auf die Grundmauern zu zerstören“. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass es nicht nur um eine Einzelmeinung des Redakteures handelt, sondern um eine Positionierung von „Klasse gegen Klasse“ als Ganzes. Dies wird unter anderem an der Verwendung des Personalpronomens „wir“ deutlich. Dies wird auch nochmal in einem Text von 2012 klar erkennbar, in welchem die Herausgeberin von KgK, „die Trotzkistische Fraktion – Vierte Internationale“ einen ganz ähnlichen und teilweise sogar identischen Wortlaut nutzt. Sie schreiben in ihrem Text mit dem Titel „Nach dem Angriff des terroristischen Staates Israels auf Gaza“: „Die einzige wirkliche Lösung, durch die die PalästinenserInnen und Israelis in Frieden zusammenleben können, besteht darin, den Staat Israel, eine rassistische und proimperialistische Enklave, bis auf die Grundmauern niederzureißen, und das Regime der ‚Apartheid‘, welches dieser über die PalästinenserInnen aufrechterhält, niederzuschlagen“. In beiden Textausschnitten wird deutlich, dass stark ähnliche Argumentationsmuster und teilweise identische Satzteile genutzt werden. Auch dies lässt erkennen, dass es sich klar um eine Positionierung von KgK als solche handelt und eben nicht nur um die Überzeugung einzelner Autor*innen. Und auch der Vernichtungswunsch gegen Israel wird mehr als deutlich. 

Auch in aktuelleren Texten positioniert sich KgK immer wieder und deutlich mit israelbezogenem Antisemitismus. Sie sprechen immer wieder von „ethnischen Säuberungen“, welche der israelische Staat durchsetzen würde. So beispielsweise im Mai und Juli letzten Jahres.

Auch als (Mit)Veranstalter*in von antisemitischen Veranstaltungen taucht KgK immer wieder auf. Als Beispiel wollen wir hier eine Veranstaltung aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „RasmeaSpricht – Palestinian Women Will Not Be Silenced“ nennen, bei der KgK mit anderen Gruppen u. a. BDS Berlin als Veranstalter*in geführt ist. Bei dieser Veranstaltung wurde die antisemitische Terroristin und Mörderin Rasmea Odeh eingeladen und heroisiert. 

Wie (israelbezogener) Antisemitismus – auch gerade in Hochschulkontexten – direkt und massiv Juden*Jüdinnen bedroht, zeigte sich beispielsweise im Jahr 2017. Damals wurde eine Veranstaltung mit der Schoa-Überlebenden Dvora Weinstein an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) von Antisemit*innen massiv gestört und angegriffen. Dieser Vorfall wurde auch 2018 im Studierendenparlament (StuPa) der HU thematisiert. Das StuPa der HU fasste am 2. Juli 2018 einen Beschluss mit dem Titel „Gegen jeden Antisemitismus – stoppt die BDS-Bewegung!“. Auch das StuPa der TU Berlin positionierte sich am 3. November 2021 klar gegen Antisemitismus, Rassismus und Faschismus und beschloss eine Resolution mit dem Titel „Antisemitismus, Rassismus und Faschismus bekämpfen!“. In dieser Resolution wurde auch die BDS-Kampagne als antisemitisch benannt. Wir wünschen uns weitere solcher klaren Positionierungen in hochschulpolitischen Kontexten! Und auch wir als AStA TU Berlin, haben uns im Mai vergangenen Jahres klar und deutlich gegen jeden Antisemitismus positioniert. 

Wir möchten abschließend darauf hinweisen, dass wir uns sowohl antirassistisch und anti-antisemitisch positionieren müssen. Rassismus- und Antisemitismuskritik müssen zusammengedacht werden. Wir positionieren uns vehement gegen jeden Rassismus und jeden Antisemitismus. Wir sprechen uns deutlich gegen eine Ausspielung von Anti-Antisemitismus und Antirassismus aus. Weil wir in linken Kontexten aber immer wieder – wie das Beispiel „Klasse gegen Klasse“ zeigt – auf eine markante Leerstelle stoßen, wenn es um Antisemitismus geht, ist der Fokus dieses Textes der Antisemitismus bei „Klasse gegen Klasse“. 


Keine Zusammenarbeit mit Antisemit*innen! Gegen jeden Antisemitismus und jeden Rassismus in unseren Strukturen und überall sonst!


Anmerkungen: 

[1] Wir nutzen hier die Bezeichnung „Juden*Jüdinnen“ und beziehen uns hierbei auf die linke, jüdische und queer-feministische Gruppe Latkes*Berlin: https://latkesberlin.wordpress.com/2020/10/24/juden-gendern/

Berlin, 3. Mai 2022