22 Jan

VERSCHOBEN! Buchvorstellung mit Ismail Küpeli: Die kurdische Frage in der Türkei, 8. Februar um 16:00

AUF GRUND VON STREIK, UM ZWEI WOCHEN VERSCHOBEN: Donnerstags den 8. Februar 2024 um 16:00 im Plenarium des AStA TU, TK 2, 1. OG (zwischen Hauptmensa und Zentralbibliothek)

100 Jahre Republik Türkei: Durch Gewalt und Exklusion zum Nationalstaat?

Die Republik Türkei wurde als ein autokratischer Staat gegründet. Auch mithilfe von Todesurteilen und anderen drakonischen Strafen wurden verschiedene politische und gesellschaftliche Kräfte aufgelöst. Mit der autokratischen Umgestaltung von Staat und Gesellschaft sowie der Ausschaltung jeglicher politischer Opposition war die kemalistische Staatsführung in der Lage, ihre Entwürfe der türkischen Nation und des türkischen Nationalstaats durchzusetzen. Mit der Ineinssetzung von Rasse und Nation ging das Postulat einer homogenen und unveränderlichen türkischen Sprache, Kultur und Geschichte einher. Dies ermöglichte es, eine unüberwindbare Grenze zwischen dem Eigenen und dem Anderen zu ziehen. Das Andere, in diesem Fall nicht-türkische muslimische Bevölkerungsgruppen wie die Kurd*innen, konnten dieser Vorstellung zufolge nur dann Teil der türkischen Nation werden, wenn sie sich einerseits der Assimilation würdig erwiesen und andererseits bereit waren, ihre eigene kulturelle und sprachliche Identität vollständig aufzugeben. Während Angehörige nicht-muslimischer Bevölkerungsgruppe per se als nicht assimilierbar galten und damit grundsätzlich aus der Nation ausgeschlossen waren, wurden nicht-türkische Muslim*innen wie die Kurd*innen zu Objekten der Assimilationspolitik. Im Falle kleinerer nicht-türkischer muslimischer Bevölkerungsgruppen gelang dies so weit, dass diese Gruppen ihre jeweilige Identität weitgehend verloren und die einzelnen Angehörigen dieser Gruppen in die türkische Nation assimiliert wurden.

Im Fall der Kurd*innen scheiterte diese Assimilationspolitik hingegen weitgehend. Der türkische Staat konnte die kurdischen Provinzen nur mit militärischer Gewalt unter seine Kontrolle bringen. Die kurdische Bevölkerung blieb weiter staatsfern bis staatsfeindlich eingestellt. Und so wurde über die kurdischen Provinzen das Kriegsrecht verhängt. Im Zuge der Militäroperationen wurden tausende Menschen getötet und Zehntausende vertrieben. Später wurde das Kriegsrecht abgelöst durch Ausnahmezustände und andere Formen der Sonderverwaltung. Die kurdischen Provinzen wurden zum Objekt staatlicher Bevölkerungspolitik. Diese zielte darauf ab, die Kurd*innen durch Zwangsumsiedlungen in westliche Gebiete der Türkei sowie eine Ansiedlung türkischer Zuwanderer*innen in vormals kurdischen Gebieten als eigenständige Bevölkerungsgruppe zu zerstören.

Der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli stellt die hundertjährige Geschichte der Republik Türkei als die Geschichte eines gewaltsamen Durchsetzung von Nationalstaatlichkeit und der autoritären Schaffung einer türkischen Nation vor, in dessen Verlauf viele Bevölkerungsgruppen Opfer von Diskriminierung, Marginalisierung, Exklusion, Vertreibung und Vernichtung wurden. Dabei sollen auch Empfehlungen und Denkanstöße für eine Anerkennung der Pluralität und Diversität der jeweiligen Bevölkerungen und für einen gesellschaftlichen Friedensprozess, in der die Interessen und Rechte aller Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden, formuliert werden.

Ismail Küpeli, geb. 1978, forscht zu Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit sind nationalistische Ideologien und identitäre Tendenzen – sowohl in den Mehrheitsgesellschaften als auch innerhalb der jeweiligen Minderheiten.

Website des Autors: https://drkupeli.wordpress.com/

Buch kostenlos als PDF: https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6275-7/die-kurdische-frage-in-der-tuerkei/?number=978-3-8394-6275-1


Es handelt sich um eine Veranstaltung der Linken Liste (LiLi) und der queer*emanzipatorischen liste mit Unterstützung des AStA TU