StuPa-Resolution: Kritische Solidarität mit TU Präsidentin Geraldine Rauch
Das Studierendenparlament der TU Berlin hat am 29. Mai 2024 folgende Resolution nach langer Debatte einstimmig beschlossen. Sie wird hier gemäß § 28 Absatz 1 der Satzung der Studierendenschaft durch den AStA der TU Berlin veröffentlicht:
Das Studierendenparlament der TU Berlin stellt sich kritisch solidarisch hinter Geraldine Rauch!
Die Präsidentin der TU Berlin wird aktuell mit Rücktrittsforderungen in Social Media konfrontiert und auch von der Berliner Landesregierung angezählt. Geraldine Rauch hat es durch ihr wohlüberlegtes Handeln geschafft, als einzige Präsident*in einer großen Berliner Universität Bilder von antisemitischer Hassgewalt und umstrittenen Polizeieinsätzen auf dem Campus und den Zulauf zu Schwarzweißdenken einzugrenzen. Ihre Äußerungen zum Nahostkonflikt haben immer das Leid auf allen Seiten betrachtet. In der Studierendenschaft sind wir nicht immer einer Meinung über ihre Aussagen und haben auch konkrete Kritik. Frau Rauch ist es aber mit zu verdanken, dass die Spaltung innerhalb der Universität an der TU Berlin geringere Ausmaße hat als anderswo. Sie hat seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem darauf folgendem Militäreinsatz ein offenes Ohr für alle Studierenden und ihre Ängste und Sorgen, ihre Überforderung und Trauer.
Ihr jetzt die bewusste Verbreitung von Antisemitismus vorzuwerfen geht aber am eigentlichen Problem vorbei und jede Rücktrittsforderung an ihre Person können wir als Studierendenschaft nur stark zurückweisen. Wir nehmen die Kritik, die von jüdischen Verbänden ausgesprochen wurde ernst und fordern das Präsidium und alle Hochschulangehörigen auf, das ebenfalls zu tun. Die letzten acht Monate haben uns als Studierendenschaft gezeigt, dass Geraldine Rauch sich gegen Antisemitismus einsetzt. Die Infragestellung der Integrität der TU Präsidentin weisen wir deshalb in der aktuellen Situation als nicht hilfreich zurück. Wir befürchten, dass Rechte, die sich grundsätzlich an der (wissenschafts-)politischen Einstellung von Frau Rauch in anderen Feldern stoßen, sich nun profilieren wollen und dass deren Intention nicht eine Hochschule frei von Antisemitismus und anderen Diskriminierungen ist, sondern dies nur als Vorwand genutzt wird.
Der Berliner Senat ist seit Wochen darum bemüht, die Verantwortung für Antisemitismus und Rassismus innerhalb der Studierendenschaft auf die Hochschulen zu verschieben, ohne den Leitungen tatsächlich die Freiheit zu geben, einen eigenen Weg zu gehen oder auch nur die notwendige Unterstützung dafür zu bieten, um das Thema angemessen anzugehen. Die geplante Einführung der Ordnungsmaßnahmen verlagert ein Problem vom Strafrecht hin zu den Hochschulen, gleichzeitig wird an Entscheidungen der Hochschulleitungen vorbei agiert und diese werden von allen Seiten angegriffen. Wir als Studierendenschaft stehen dazu, dass wir unsere Probleme innerhalb der Universität in der politischen Auseinandersetzung klären. Ein autoritäres Reinregieren von Außen wird die Gräben an den Hochschulen nur weiter aufreißen und diejenigen, die sich verloren fühlen in die Arme von Populist*innen treiben, die sich auf Kosten jüdischer Studierender auf dem Campus profilieren wollen.
Frau Rauch muss sich aber dennoch der Kritik stellen, dass sie antisemitische Narrative durch ihr Verhalten auf Twitter weiterverbreitet hat. Wir begrüßen die schnelle öffentliche Entschuldigung und gehen davon aus, dass die Kritik jüdischer Verbände von ihr ernst genommen wird. Die Deaktivierung des Twitter-Accounts gibt dazu die Möglichkeit zur Reflektion, kann aber nicht die alleinige Antwort sein. Auch auf die Anmerkungen vom Anfang der Woche, bezüglich der Ernennung eines Antisemitismusbeauftragten an der TU Berlin, muss eingegangen werden. Wir schlagen vor, auf die zuzugehen, die von Antisemitismus betroffen sind und mit den entsprechenden Verbänden und Beratungsstellen für Opfer antisemitischer Gewalt das Gespräch zu suchen und eine Neubesetzung der Stelle zu prüfen und diese mit allen nötigen Mitteln auszustatten.